Presse
Pressebesprechung der 20. Orgelwoche 2006 in Wald und Überlingen
auf
der Denkmalorgel des Barock von J.Gg.Aichgasser 1751 in Wald und der
Schwarz-Orgel aus dem Jahr 1932
in Überlingen erschienen im SÜDKURIER Ausgabe 183 Überlingen am 10.08.2006:
ERFÜLLENDES HÖRERLEBNIS
Evangelisches
Bezirkskantorat Überlingen veranstaltet in diesem jahr seine Orgelwoche zum
20. Mal
Im Zeichen der Komponistenjubilare W.A.Mozart, Robert Schumann und Johann Pachelbel veranstaltete das Evang. Bezirkskantorat Überlingen in diesem Jahr seine Orgelwoche zum 20. Mal als Jubiläumskonzerte in der Evang. Auferstehungskirche Überlingen und an der Denkmalorgel des Barock in der Klosterkirche Wald. Durch hochkarätige Interpretennamen wie Martin Sander, Professor für Orgelspiel in Heidelberg und Frankfurt / Main und Martin Schmeding, Orgelprofessor an der Musikhochschule in Freiburg stellten sich bei der interessierten Hörergemeinde schon zu Beginn hohe Erwartungen an die Orgelreihe ein. Diese wurden durch die zwei ehemaligen Schüler des Mitbegründers der Orgelwochen Salem und Wald seit dem Jahr 1987, Professor Ulrich Bremsteller vollauf erfüllt, ja übertroffen.
Martin Sander wählte nach seinem Barockprogramm am Vortag in der Klosterkirche Wald mit Werken süddeutscher Barockmeister sowie der Jubilare Pachelbel und Mozart und Werken von Bach - Vater und - Sohn für das erste Überlinger Orgelwochen-Konzert anspruchsvolle Werke von Bach bis Reger. Darunter die mächtige Choralfantasie und Fuge über den Namen B-A-C-H von Max Reger und Robert Schumanns letzte große Fuge über das gleiche Thema. Das Adagio KV 617a und Adagio und Fuge c-Moll KV 546 bildeten seine Programmmitte. Sie zeigten den unsterblichen Mozart als Meister verflochtener, hochkomplexer Polyphonien, glänzend und unkonventionell herb von Sander dargeboten.
Das Bezirkskantorat hatte sich für die Überlinger Orgelkonzerte der Jubiläumswoche eine besondere Attraktion einfallen lassen: Eine neue Lichttechnik projizierte die vom Interpreten gewählten Orgelregister jeweils in ihren Farbwerten als Altarraum-Ausleuchtung um das zentrale Auferstehungsfenster der Kirche. So entstanden- vor allem bei Regers grandioser Fantasie - entsprechend der Komposition stetig sich wandelnde Farbgebungen in den Spektren eines Regenbogens. Dies sei -so Bezirkskantor Hoffmann bei der Einführung- vor dem geistlichen Hintergrund der Musica-Sacra-Orgelreihe bewusst so gewollt.
Von der neuen Lichttechnik ließen sich am Abschlussabend mit Martin Schmeding wieder ein gut besetztes Kirchenschiff an Besuchern auf ein weiteres Programm mit Mozarts großer f-Moll Fantasie KV 608 sowie drei Schumann-Fugen über B-A-C-H einstimmen. Als besondere musikalische Leckerbissen wartete der Freiburger Orgelvirtuose mit seiner Übertragung von Mendelssohns „Paulus“-Ouvertüre, den kantablen Eingangssätzen aus Widors fünfter Orgelsinfonie und der zukunftsweisenden Introduktion, Passacaglia und Fuge über B-A-C-H op. 150 vom Nachfolger Max Regers als Kompositionslehrer in Leipzig, Sigfrid Karg-Elert auf.
Die Abrundung und
Entsprechung der umfassenden Orgelwochenprogramme und die sensiblen
Interpretationen der beiden Orgelgrößen begeistere die Hörer wiederholt zu
langanhaltendem, herzlichem Beifall. Sander bedankte sich mit Schumanns Kanon
in h-Moll und Schmeding mit dem Adagio aus Widors 5.Orgelsinfonie.
Diese meditativen Stücke zum Konzertausklang erschienen den Besuchern an der erleuchteten Altarwand in beruhigendem, warmem „blau“, was sie neben dem erfüllenden Hörerlebnis der Konzerte nachhaltig als weiteren tiefen Eindruck gerne in Erinnerung behalten werden.
Pressebesprechung
des Karfreitagskonzertes 2006 im Mozartjahr
erschienen am Di, den 18.April 2006 im SÜDKURIER Ausgabe 89 / UE Seite 23 (im Auszug):
"Klänge
in kammermusikalischem Dialog"
MOZART-REQUIEM
mit "Art is f act" in der ausverkauften Überlinger
Auferstehungskirche
Beim Karfreitagskonzert mit "Art is f act" war die Überlinger Auferstehungskirche ausverkauft. Mozarts Requiem in der Fassung für Streichquartett von Peter Lichtenthal (1780-1853) bildete das Herzstück im Programm, das auf die... fünf homogen zusammenwirkenden Musiker mit einem tiefgründigen Fugenquartett aus der Feder von Joseph Martin Kraus (1756-1792) einstimmten.
Das von romantischen Überlieferungen umsponnene Requiem d-Moll (KV 626) ist ...Mozarts letzte Komposition. Dass er am Ende seines Lebens eine Totenmesse komponierte, ist Folge eines Auftrags.... und der kränkelnde, vielleicht schon von Todesahnung ergriffene Mozart mag den Auftrag des Unbekannten als Mahnung an sein eigenes, bald bevorstehendes Ende aufgefasst haben.
Der subjektive Zug der Komposition, der sie von allen anderen Kirchenwerken Mozarts unterscheidet, würde darin eine Erklärung finden. Das Requiem ist zwar eine Vertonung des liturgischen Textes, der von Dekanin i.R. Claudine Geddert, jeweils zunächst auf lateinisch vorgetragen wurde, um dann von Roland Brunner in deutscher Übersetzung rezitiert zu werden. Trotz seiner archaischen Fugenherrlichkeit ist das Requiem weniger ein liturgisches als ein menschliches Werk in der Auseinandersetzung mit dem Rätsel des Todes...
Im Quintett waren die Gesangsstimmen in kammermusikalischem Dialog eingearbeitet. Ausdrucksintensiv und in dynamischer Farbigkeit ließen die Streicher, neben zwei Violinen, Viola und Cello... mit einem Kortrabass... ihre Insrumente "singen", wobei jeder Ton in den dramaturgisch aufgebauten Spannungsbögen seine eigene Richtung hatte. In vielfarbig aufgebauten dynamsichen "Terassen" imaginierten so die Viurtuosen nicht nur wechselweise Solisten und Chor, sondern auch das Orchester - Tutti. Das Requiem begann in sehr verhaltener, intimer Kantabilität, durchleuchtet von silbrigem Violinenklang. Wie Herztöne pulsten federnde Cello-Pizzicati im hochdramatisch gestalteten "Dies irae" (Tag des Zorn, Tag der Klage). Als herausleuchtende Singstimme entfaltete bei "Tuba mirum" das Cello einen besonders schönen, warm timbrierten Klang. In hauchzartem Pianissimo mündete die fast fröhlich bewegte Bitte um Gnade.
Dramaatisch aufwühlende Phasen im Wechsel zwischen Crescendi und Decrescendi und innig beseeltem Streichersound beschrieben "den tränenvollsten aller Tage" (Lacrymosa dies illa)... Ein wunderbares Karfreitagkonzert.
Mozart - Requiem und g-Moll-Sinfonie in der Pressebesprechung
des Südkurier Ausgabe 231 / UE, erschienen am 6.Oktober 2005 auf Seite 20:
Mozart selbst im Stehen ein Genuss
Bezirkskantorat überzeugt in der Franziskanerkirche Überlingen mit Sinfonie- und Oratorienkonzert
Zu Mozarts 250. Geburtstag im Januar 2006 wurde vom Bezirkskantorat in der Franziskanerkirche Überlingen die Eröffnung der neuen Konzertsaison mit einem reinen Mozartprogramm angesagt. Das Sinfonie- und Oratorienkonzert mit den berühmten Werken g-Moll-Sinfonie und Requiem war ausverkauft, so dass mancher Besucher nur noch einen Stehplatz in der schönen Barockkirche fand. Das große Interesse des Überlinger Konzertpublikums wurde mit dem Erlebnis einer nicht alltäglichen Aufführung belohnt.
Vom ersten Anspiel der Sinfonie bis zum dramatischen Schlusssatz des Requiems wurden die Hörer in den Bann der Musik Mozarts gezogen. Solisten, Chor und Orchester fanden sich unter ihrem Dirigenten Helmut A.T. Hoffmann zu einer gelungenen Einheitlichkeit zusammen. Großflächige musikalische Bögen und spannende Affektpausen der späten Mozartwerke kennzeichneten das musikalische Geschehen des Konzertprogrammsin dem die große Bandbreite zwischen sensibel-lyrischen Passagen bis hin zu hochverdichteten Tutti - Stellen atemberaubend ausmusiziert wurde. Gleichzeitig kam die gebotene musische Tiefe in Mozarts überirdisch schönen Themen voll zur Entfaltung.
Das Solistenquartett des Abends Claudia von Tilzer (Sopran), Dagmar Linde (Alt), Paolo Vignoli (Tenor) und Thomas Pfeiffer (Bass) gestaltete seinen Part im Requiem in beglückend homogener Weise und mit großer Strahlkraft. Besonders eindrücklich gelangen vor allem die Abstimmung zwischen Sopran und Alt im "Recordare" und der lupenrein wie kraftvoll musizierte Dialog zwischen Bass und Tenorposaune in "Tuba mirum".
Ein oft dramatisches Tempo der Requiemaufführung kündigte sich schon in den Randsätzen "Allegro molto" und "Allegro assai" der vorangestellten g-Moll - Sinfonie an. Was das Orchester später in der präsenten Begleitung der Totenmesse auszeichnete, war auch hier zu spüren und machte ihm hinsichtlich der Spielfreude und Virtuosität aller Instrumentalisten Ehre. Schön, dass es heute noch Orchester von dieser durchdrungenen Gestaltungsfreude gibt. Dem "Andante"-Satz hätte man zum Kontrast zwar noch etwas mehr Ruhe wünschen können, letztlich war aber die dargebotene Interpretation in sich schlüssig. Kleine Verschiebungen unterliefen allerdings leider dem Ersten Bassethornspieler während des Requiembeginns und dem Pauker beim Schluss des ersten Requiemsatzes. Das beeinträchtigte aber den hervorragenden Gesamteindruck dieses überragenden Orchesters nicht.
Auch der Chor stand dem Orchester um nichts nach. In den zehn der zwölf Requiemsätzen meisterte er seinen Part in der Stimmbalance erstaunlich ausgeglichen, in der Sprachführung bestens geschult. Brillant erklangen die schnellen Fugenpassagen des "Kyrie eleison" und des "Cum sanctis tuis", tragend sonor dominierte der Chorklang vom "Domine Jesu Christe" und massiv in den Steigerungsschlüssen.
Vor allem dieses
Chormusizieren verhalf der Aufführung zu einem besonderen Konzerterlebnis, das
noch lange nachklingen wird. Herzlicher, langanhaltender Beifall sowohl nach
der Sinfonie als auch nach dem Requiem-Finalsatz bekundeten, dass dieser Funke
der Musik Mozarts zum Hörer übergesprungen war.
Pressebesprechung des 1. Salemer Orgelkonzertes 2005
erschienen im SÜDKURIER Nr. 177 Seite 22 am Mi, 3.August 2005
Funkelnde Sternstunde im Münster
Pforzheimer Landeskantor Kord Michaelis brillierte im Salemer Münster an der Orgel
- Publikum hingerissen -
Eine Sternstunde, wie sie schöner und funkelnder kaum sein kann, bot Kord Michaelis zum Auftakt der diesjährigen Orgelwoche im Salmer Münster. Kein "Schnellklatscher" störte am Ende vor stehenden Ovationen die ergriffene Stille im selten lange Nachspüren, das die Ergriffenheit aller Zuhörer spiegelte. Sowohl Auswahl und Zusammenstellung der Werke wie auch deren im schönsten Sinne "edle", ehrliche Interpretation hatten es den kontemplativ versunkenen Hörern ermöglicht, Teil der musikalisch überzeugend vermittelten Botschaft zu sein.
Die "intellektuelle" Seite hatte Michaelis mit einer Einführung an der pneumatischen Romantikorgel gegeben. Es sei ein Programm, das um die Frage kreise, welcher Zeit das sinfonisch flächige Klangideal ästhetisch eigen ist. Das gehe los bei Mendelssohn, der zwar Orgeln des Salemer Typs noch nicht kannte. Dessen zwei das Konzert rahmende Sonaten könnten aber zeigen, wie sich der Komponist nach und nach vom barocken Vorbild löst. Das zweite Stück, eine Gewitterszene aus der französischen Schweiz, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einem "völlig unbekannten Kleinmeister namens J. Blanc notiert", repräsentierte einen weiteren Anfang eines flächigen Klangideals, wo auch die barocke, besonders polyphon strukturierte Orgelmusik "Über den Haufen geworfen" werde: "Zwei Ansätze, aus denen sich das Programm weiter entwickelt."
Dann kam sie, diese unvergesslich schöne, höchst inspirierende Sternstunde, die ein Besucher mit den Worten resümierte: "Ich könnte glücklich weinen und gleichzeitig die Welt umarmen!" Gleich das "Grave" aus Mendelssohns zweiter c-Moll-Sonate lebt in der pneumatischen Denkmalorgel auf, geprägt von langsamer Entwicklung und großem, akkordischem Satz. Dann das Adagio, ein Juwel in Mendelssohns Schaffen, in der eine Solostimme zwischen Sopran und Tenor wechselt. Der immer lauter und schneller werdenden Fuge folgt die Gewitterszene, vor der sich aus geheimnisvoll dumpfen Klängen eine helle Jahrmarktmelodie entfaltet. "Peppige" Töne aus Zungenregistern formen bewegte Bilder, schlicht und doch voll farbiger Lebendigkeit. Man glaubt, Glocken zu hören und Militärmusik. Den Marsch einer vom Gesang der Dorfjugend begleiteten Prozession. In das Idyll schiebt sich aus den Basstönen des Orgelpedals grummelnder Donner. Aus Schweberegistern malt Michaelis nach dem Zittern der Element die Wiedererlangung des Idylls. Dann Reger. Unter die Haut geht, wie die aufbäumend wilden Klangexzesse mit Beginn der Introduktion die Akustik füllen. Um dann, erst zunächst zart, dann immer klarer, sich stufenlos in fast dissonant zerrissene Klangwucht zu schrauben. In Micheelsens Toccata und Kanzona über "Es sungen drei Engel einensüßen Gesang" schnellen bunte Farbkreisel in Blitzgeschwindigkeiten durch die Atmosphäre. Von überall her aus den Deckengewölben scheint die schlichte, helle Flötenmelodie des "Pari intervallo" zu kommen, die so ganz im Gegensatz steht zu der aussagekräftigen, nasalen Folgemelodie. Eine Variationskette bildet den Anfang von Mendelssohns abschließender d-Moll-Sonate, deren Fuge und Final-Andante dem "Vater-unser-Choral" entnommen ist. Mit leisen Klängen endet die wichtige Botschaft: "Wer mit Gott ins Reine gekommen ist, kommt auch mit sich selbst ins Reine".(Gabi Rieger)
Und hier das Konzertprogramm von KMD Kord Michaelis in Salem:
Sonntag 31.Juli 2005
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) Sonate Nr. 2 c-Moll Grave - Adagio - Allegro moderato - Fuga
J. Blanc (1. Hälfte des 19. Jahrhunderts) La procession de la FÃte d'un village surprise par un orage
Max Reger (1873-1916) Introduction und Passacaglia d-Moll
Hans Friedrich Micheelsen (1902-1973) Toccata und Kanzona über "Es sungen drei Engel einen süßen Gesang"
Arvo Pärt (geb. 1935) Pari intervallo
Augustin Franz Kropfreiter (geb. 1936) Consolation
Felix Mendelssohn Bartholdy Sonate Nr. 6 d-Moll Choral mit Variationen - Fuga - Finale Andante
Pressebesprechung des 2.Salemer Orgelkonzertes
mit Traugott Fünfgeld (Di,02.08.05)
erschienen im SÜDKURIER UE No. 179 Seite 22 am Fr. den 5.August 2005 :
Begnadeter Prediger auf den Tasten
19.Orgelwoche Salem und Wald: Offenburger Bezirkskantor Traugott Fünfgeld brilliert im Salemer Münster
Ein Feuerwerk traditioneller und neuzeitlicher Orgelliteratur erlebte eine übersichtliche aber höchst gespannt lauschende Schar von Hörern im Salemer Münster beim zweiten romantischen Orgelabend der diesjährigen 19. Orgelwoche Salem und Wald. Bezirkskantor Traugott Fünfgeld war aus Offenburg angereist und setzte die am Sonntag mit Landeskantor Kord Michaelis eröffnete Reihe der Romantik- und Barockkonzerte auf den adäquaten Denkmalorgeln mit einem weiteren Höhepunkt an Musizierfreude, souveräner Tastenbeherrschung und Spürsinn für die großen kompositorischen Zusammenhänge fort. Als wäre der 1971 geborene und in Heidelberg und Freiburg studierte und examinierte Kirchenmusiker und Konzertorganist mit diesem für ihn fremden pneumatischen Instrument von 1900 aufgewachsen, registrierte und "beatmete" er die große, ehrwürdige romantische Zeitzeugin. Mendelssohns vierte Sonate B-Dur mit seinen abwechselnd stürmischen "con brio"-Sätzen und dem meditativen "Andante religioso" profitierten zu Beginn des Konzertes davon wie auch die sonst in zahlreichen anderen Orgelabenden leider recht oft langweilig gehörten Choralvorspielen von Brahms. Höhepunkt und Mitte seines Programms stellten aber Präludium und Fuge in g-Moll opus posthumum von Johannes Brahms dar. Selten wurde eine Orgel in ihren gegebenen Klangfarben so mit beglückend erfüllter Agogik ausgespielt wie an diesem Abend!
Der am Schluss des Konzertes frenetisch rauschende Beifall der dankbaren Hörerschaft galt zu einem nicht unerheblichen Anteil sicher auch diesem traditionellen ersten Teil, der eine homogene Vorbereitung darauf war, was der Komponist Traugott Fünfgeld nun folgend den jungen und älteren Hörern des 21. Jahrhunderts bot: In Fortsetzung der gebotenen Choralvorspiele von Mendelssohn und Brahms schwebten in einem zweiten steigernd aufgebauten Konzertteil seine Choralbearbeitungen über die neuen Geistlichen Lieder "Gib uns Frieden jeden Tag", "Herr deine Liebe ist wie Gras und Ufer" und "Zwischen Jericho und Jerusalem liegt der Weg der Barmherzigkeit" durch das abendliche Münsterschiff. Getreu den Vorbildern aus Renaissance und Barock holte Fünfgeld Rhythmik und Melodik unserer Zeit in die Kirchenmauern und veredelte ihr Erscheinungsbild auf delikateste Weise. Dabei gedachte er mit seinen zauberhaft sanften Bearbeitungen ihrer klingenden Wurzeln: "Go, tell it on the mountains", "Sometimes i feel like a motherless child" sowie "Swing low, sweet chariot" und seine warmherzig gegebene Zugabe verrieten die große Liebe eines mit höchstem Engagement auf den Tasten "predigenden" jungen Kirchenmusikers. Es wird sich lohnen, seinen Namen im Gedächtnis zu behalten, hat er doch die illustre Reihe der über vierzig erstrangigen Interpreten aus dem In- und Ausland, die während der 19 Jahre Orgelwoche in Salem und Wald bisher konzertiert haben, nachhaltig bereichert. Wie im Konzertprogramm zu ersehen ist, wird sich die 20.Orgelwoche 2006 durch den Wegfall der Konzertmöglichkeit im Salemer Münster neben den weiter erklingenden Barockabenden in der Klosterkirche Wald mit diesem Teil ihrer Fortführung neu zu orientieren haben. Mit Interpreten, wie bei diesem Romantikkonzert gehört, kann dem Veranstalter dabei aber nicht bange werden! (Inge E. Hoffmann)
Am 9.August erschien im Südkurier / Ausgabe Pfullendorf
die Pressebesprechung des Abschlusskonzertes der Orgelwoche 2005
Feine Werke aus der Barockzeit
Abschluss der Orgelwoche an der Aichgasser Orgel - Hans Martin Corrinth überzeugt
Die diesjährige Orgelwoche fand ihren Abschluß an der barocken Aichgasser Orgel in Wald. Wiederum war es hier in drei Konzerten verschiedener Interpreten möglich, die Klangvielfalt des schönen Originalinstruments kennen zu lernen. Überdies boten alle Organisten kurze Werkeinführungen vorab an. Es hatte sich offenbar herumgesprochen, das diese Reihe etwas besonderes in der Region ist, denn nicht nur das letzte Konzert war recht gut besucht.
Hans Martin Corrinth hatte seinProgramm überwiegend auf den eher intimen Charakter des feinen Spätbarock-Instruments zugeschnitten. Ohne freilich auf virtuosere, volle Register fordernde Werke zu verzichten. Norddeutscher Orgelbarock im besten "Stilus phantasticus" erklang so gleich zu Beginn. Dietrich Buxtehudes g-moll Präludium sorgte für eine klangvolle Einführung in die Welt des Barock. Feingewobene kontrapunktische Abschnitte, ein Jubilieren leuchtender Klangfarben machten Buxtehude Ehre.
Der Choral "Jesu meine Freude" diente vielen Barockmeistern als Thema zu Variationen, so auch Friedrich Wilhelm Zachow. Dieser war Organist in Halle und ist heute vor allem als Lehrer des jungen Georg Friedrich Händel bekannt. Die Choralmelodie wurde vielfätig in kunstvoller Arbeit variiert, bald rhythmisch markant umspielt, bald chromatisch fein umwoben. Eine springlebendige Fuge in F von dem Weimarer Organisten und Theoretiker Johann Gottfried Walther schloß sich an. Während Johann Caspar Kerlls "Passacagla" in d auf eine der gravitätischen Barockformen verwies. Kraftvoll strebend über dem ostinaten Passacaglia-Bass entfaltete sich ein teils reich ausgeziertes ornamentales Spiel. Des berühmten Organisten und Kapellmeisters an St. Sebald in Nürnberg Johann Pachelbel Orgelwerke setzten Maßstäbe zu ihrer Zeit. Der Choral "Vater unser im Himmelreich" sorgte dann in Pachelbels Fassung für weichen warmen Wohlklang sanfter Flötenregister, wie es sich ideal zu Communio geschickt hätte.
Ein Thema des Violin-Stars des römischen Barock und Meisterkomponisten Arcangelo Corelli legte Johann Sebastian Bach seiner h-moll Fuge BWV 579 zu Grunde. Mit Gegenthema versehen und raffinierter Engführung wurde die Fuge schlüssig gesteigert. Zierliches französisches Rokoko schloß sich mit Louis- Claude d´Aquins kleinem Cembalo-Stück über den Kuckuck an. Dies nimmt sich als idyllische Naturstimmung sehr hübsch auf der Orgel aus, denn immer wieder ertönt der Ruf des kleinen Waldvogels flötend zwischen munteren Begleitfiguren. Ebenfalls in erster Linie für das Cembalo gedacht sind Georg Philipp Telemanns 36 Fantasien, welche der Freund und Kantorenkollege Johann Sebastian Bachs gegen 1734 im Druck veröffentlichte. Auf der Aichgasser Orgel zauberte Corrinth in den langsamen kurzen Mittelsätzen einmal die Klangfarbe des Gamben-Registers hinein und gab elegante Kantabiltät, umschlossen von funkelnden bis freundlich heitereren raschen Sätzen der Fantasien in F und D. Bis zur Klassik eines Joseph Haydn ist es von Telemann nicht mehr weit. Und so folgten vier Flötenuhrstücke aus der Feder desselben. Alles feinsinnige und liebliche Kompositionen für Spielwerke mechanischer Stand-Uhren, welche zum Stundenschlag dann ermunternde Melodien ertönen ließen.
Auf so hübsche Art übrigens, dass sich eben Haydn und genauso Mozart nicht zu schade waren dafür zu komponieren. Zum Beschluß gab Hans Martin Corrinth eine freundlich improvisierte Choralbearbeitung über "Geh aus, mein Herz und suche Freud" aus eigener Fantasie. Abermals wurden alle Klangfarben der Aichgasser Orgel vorgeführt. (Hans-Jürgen Becker)
Konzertbesprechung des nOrchesterkonzerts
am 10.07.05 in der Franziskanerkirche Überlingen
von Mi, dem 13.Juli 2005 im SÜDKURIER Überlingen No.159 Seite 20
Berauschende Klänge
Konzert mit dem Orchestester "art is f act" in der Überlinger Franziskanerkriche
Edward Elgar,
Benjamin Britten und Mendelssohn waren die Komponisten eines Orchesterkonzertes
in der Franziskanerkirche, zu dem das Evangelische Bezirkskantorat eingeladen
hatte. Um es gleich vorweg zu erwähnen, das in Überlingen schon wiederholte
Male mit Aufsehen erregenden Programmen gastierende Orchester "art is f
act" war den Besuch des Abends vollauf wert. Auch wenn ein heftiger
Gewitterschauer vor Konzertbeginn so manchen potenziellen Hörer abgehalten
haben mag, ließ es sich eine begeisterte Hörerschar nicht nehmen, die erlesene
Spielkultur, das hochsensible Miteinandermusizieren und den blutvollen Einsatz
der durchweg professionellen Musiker mitzuerleben. Sozusagen in
"Hochspannung" wurde gehört, wie unter der Stimmführung von Thomas
Haug (Karlsruhe) am Konzertmeisterpult Früh- und Spätromantik kompromisslos im
Geiste Felix Mendelssohn Bartholdys und Edward Elgars Töne und Phrasen mal zu
großen "Klanggebäuden" und dann wieder zu hauchzartem, sanftem
"Atem" wurden.
Elgars Streicherserenade e-Moll zu Beginn des Konzertes hat ihren Bekanntheitsgrad zu Recht erhalten, denn ihre Sätze Allegro piacevole, Larghetto und Allegretto entpuppten sich durch "art is fact" mit seinem vorwiegend runden, meisterlich geschliffenen Klang zu Kleinodien der Streicherliteratur.
Inmitten dieser wohltuend vertrauten Klangwelt muteten nachfolgend Brittens Orchestervariationen über ein Thema des barocken Frank Bridge op. 10 mit seinen sieben Stilzitaten erfrischend innovativ und unkonventionell an. Sie bildeten die programmatische Mitte des Konzertgeschehens und man spürte den Ausführenden ein geradezu missionarisches Engagement in die Vorstellung der hochkomplizierten Komposition ab, was bei den Hörern mit wachsendem Beifall gedankt wurde. Zu geradezu frenetischem Beifall vereinigten sie sich nach dem abschließenden Mendelssohn-Quartett op. 44 Nr.1 in Orchesterfassung von Thomas Haug. Dem halbstündigen Meisterwerk der Romantik konnte nichts besseres passieren, als dass es durch diese Orchesterfassung unter der erfahrenen Händen der Interpreten zu einer viersätzigen Sinfonie mutieren durfte. Deren mitreißende Ausstrahlung vermochte gleichfalls die Spieler wie die staunenden Hörer geradezu in einen Klangrausch zu versetzen, der allen Beteiligten dazu verhalf, die Kirche dankbar, froh und leichtfüßig zu verlassen. Ein Konzertabend der perfekten Einheitlichkeit, sowohl in der Wahl der Werke mit ihrer liebenswürdigen Tonsprache als auch in deren erfüllender Ausgestaltung. (I. E. Hoffmann)
Der SÜDKURIER würdigte mit folgender Besprechung vom 13.06.2005 /Ausgabe Markdorf
das Konzert zum Kirchenmusikfest Südbaden "Klingende Kirche"
am 11. Juni 2005 in der St.Nikolauskirche Markdorf
Benefizkonzert
Zart und mit viel Gefühl
Bezirkskantorei, Bezirksorchester und Bezirksbläser in St.Nikolaus
Zu einem Benefizkonzert zugunsten der neuen Orgel hatte die evangelische Kirchengemeinde Markdorf am Samstagabend in die Pfarrkirche St. Niko- laus eingeladen. Unter der Leitung von Helmut A. T. Hoffmann sangen und spielten die Bezirkskantorei, das Be- zirksorchester und die Bezirksbläser Überlingen ein anspruchsvolles Konzertprogramm. Zur Einführung kamen Werke des Organisten und Kirchenkomponisten Johann Hermann Schein (1586 - 1630) zur Aufführung. Die Bläser spielten die "Bläsersuite a 5" in drei Sätzen. Die Kantorei ließ mit kräftigem Einsatz die "Motette 21 für 5-stg. Chor" aus "Israelsbrünnlein 1623" erklingen. Aus der gleichen Komposition spielten die Bläser die "Motette Ps. 25". Mit klaren Stimmen und konzentrierter Gestaltung meisterte der Chor bei dem "Chanson für 4-stg. Chor" von Paul Hindemith (1895 - 1963) auch die Moderne.
Dem folgte, ebenfalls von Hindemith, ein Bläserchoral. Zum Tode von Georg V. von England 1936 kom- ponierte Hindemith eine "Trauermu- sik für Violoncello und Orchester". Hier spielte Michael Narten das Cellosolo mit Hingabe und Andacht. Begleitet wurde er vom sehr aufmerksam agierenden Bezirksorchester. Mit Helmut Barbe (geb. 1927) kam auch ein lebender Komponist zu Wort. Barbe wurde 1952 Kantor an der St. Nikolai Kirche, Berlin, und wurde 1973 zum Landeskirchenmusikdirektor ernannt. Seine "Zwei Motetten für 5-stg. Chor" sang die Kantorei zart und mit viel Gefühl. Hier gelang das Wechselspiel zwischen Männer- und Frauenstimmen bei ausgewogenem Ton hervorragend. Beschwingt und temporeich ertönte "Sinfonia in D-Dur (G 500) von Luigi Boccherini (1743 - 1805) Mit hörbarer Spielfreude bot das Bezirksorchester ein melodiöses Andante und ein schmissiges Presto und wurde damit dem Komponisten gerecht.
Mit "Zwei
Motetten für 5-stg. Chor" vertrat die Bezirkskantorei noch ein- mal den
Komponisten Helmut Barbe. Zart und mit stimmlichem Einklang gestalteten sie
hier denText von Matthias Claudius mit deutlicher Aussprache. Beim "Kol
Nidrei" Adagio op. 47 für Violoncello und Orchester von Max Bruch (1838 -
1920) kamen noch ein- mal alle Akteure gemeinsam zu einem glanzvollen Einsatz.
Bei diesem formklaren und romantischen Werk spielte Stephan Gräsle souverän den
anspruchsvollen Solopart. Mit guten Einsätzen überzeugte das Bezirksorchester
bei der melancholischen Untermalung des Cellos. Mit ausdrucksstarken Einsätzen
sorgte die Bläsergruppe für einen belebenden Gegensatz. Anton Bruckner (1824 -
1896), einer der bedeutendsten Sinfoniker, schrieb 1885 die Bläsermotette
"Ecce Sacerdos magnus". Ausdrucksstark und markant spielten die
Bezirksbläser dieses Werk zum Abschluss eines gelungenen Konzerts, das noch ein
paar Zuhörer mehr verdient hätte. Fazit: Verdienten Beifall gab es am Schluss
für diese schöne Benefizveranstaltung. (Helmut Schneider)